Review
Denkt man an Religion, Kult und Ritual im antiken Ephesos
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, dann denkt man sofort an die Göttin Artemis undihre Verehrung im dortigen Heiligtum. Man tut dies zweifellos zu Recht, denn Artemis war die dominierendeErscheinung im religiösen Leben der Stadt, und ihr Heiligtum, das im Altertum als eines der Weltwunder galt,war weithin berühmt
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. Freilich war Ephesos „nicht nur die Stadt der Artemis“
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. Die Verehrung autochthon-kleinasiatischer Gottheiten wie der
, der Bergmutter, ist genauso belegt wie der Kult olympischer Gottheiten
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. Die Verehrung ägyptischer Gottheiten wie Isis und Sarapis ist gut bezeugt
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; ebenso lässt sich inden literarischen und epigraphischen Quellen eine starke jüdische Gemeinde greifen
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. Bekannt ist auch die bedeutende Rolle, welche die frühen Christen in Ephesos spielten
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. Wichtig war in Ephesos schließlich auchdie antike Herrscherverehrung, der in politischer Hinsicht eine wesentliche identitätsstiftende Funktion zukam.DIE WURZELN DES HERRSCHERKULTSDie Ursprünge des griechisch-römischen Brauchs, einen noch lebenden Menschen kultisch als Gottheit zuverehren, die nach dem Verdikt des schwedischen Philologen und Religionshistorikers Martin Nilsson „dasdunkelste und umstrittenste Problem der griechischen Religion in geschichtlicher Zeit“ darstellen
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, sind vonder Forschung immer wieder kontrovers diskutiert worden
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. Eine der Wurzeln ist wohl im griechischen Hero-enkult zu suchen
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. Zu den Heroen, die zwischen Göttern und Menschen standen, wurden einerseits mythischeGestalten wie Achilles oder Theseus gezählt
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. Diese Form der Würdigung, die in der Regel lokal beschränktund mit dem Totenkult verwandt war, konnte andererseits aber auch postum historischen Persönlichkeitenzuteil werden, vor allem den Gründern von Städten, aber auch Gesetzgebern, Tyrannenmördern oder ruhmvollgefallenen Krieger